Exkursionen in Religion? Auch das ist möglich. Außerschulische Lernorte bleiben Schüler*innen oft besonders „hängen“, sprechen sie doch alle Sinne an, die Welt um sie herum erschließt sich neu und anders. Im Fach Religion müssen das nicht nur Kirchen sein, sondern – wie am 6. Mai geschehen – ein Biobauernhof. Landwirt Finn Bönninger erwies sich als ausgesprochen kompetenter, auskunftsfreudiger und auch kinderlieber Referent; so war es erlaubt und wunderbar möglich, dass die Teilnehmerinnen ihre Kinder mitbrachten. Wer gut mit Kindern kann, kann auch gut mit Schülern.
Der Steveshof im Stadtteil Hüls ist ein Hof der besonderen Art, denn er wird betrieben von Finn und Stephanie Bönninger. Er ursprünglich Tischler, sie ursprünglich Heilpädagogin ließen sie eine alte Familientradition wieder aufleben und belebten den Hof der Großeltern wieder.
Dort siedeln nun Galloway-Rinder, eine robuste, friedfertige Sorte, die auch im Winter draußen übernachten kann und bestes Fleisch liefert, das in der Metzgerei bzw. dem Hofladen angeboten wird. Höhepunkt der Fortbildung war aber das Kennenlernen der rund 350 freilaufenden Hühner.
Hähne haben den Beschützerinstinkt
„Wenn Ihr reingeht, kann es sein, dass die Hühner ein bisschen auf den Schuhen rumpicken. Das ist aber nicht schlimm. Die Hähne haben immer einen Beschützerinstinkt, wollen auf ihre Hühner aufpassen und könnten auf Euch zukommen. Wenn das passiert, geht ein Stück zurück. Dann hat der Hahn quasi gewonnen und lässt Euch in Ruhe“. So einfach war die kurze Einführung. Und tatsächlich war es etwas ganz Besonderes zu sehen, wie vertrauensvoll und prompt die Hühner auf ihren Bauern zuliefen, zu spüren wie sie picken und sie auch auf dem Arm zu halten, die Hände am besten über den Flügeln, damit sie nicht wegfliegen und die warme Körpertemperatur und das regelmäßige Atmen zu spüren. Wer als Kind mit Hühner gespielt hat, für den oder die ist das nichts Besonderes. Aber für alle Schüler*innen (und auch für alle Religionslehrer*innen) kann man das nicht behaupten. Im Gehege entwickelte sich ein Gespräch darüber, was Biohaltung und der Verzicht auf bestimmte Sorten Dünger bedeutet. Zum Beispiel, dass in der Biolandwirtschaft zwei Jahre vor der Bewirtschaftung der Böden z.B. Klee angebaut werden muss, damit dieser Dünger überflüssig macht. Zwei Jahre, in denen man natürlich nichts auf dem Boden verdient. Wir lernten, dass an einem Hühnermobil wie hier 350 Hühner leben und Auslauf haben und nicht wie in einem Massenbetrieb mit mehr als 50.000 Hühner leben wie Dreiviertel ihrer Artgenossinnen (so das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft). Das bedeutet eine viel größere Gesundheit und Lebensdauer der Hühner, aber auch einen höheren Personalaufwand. So erklärt sich auch der höhere Preis der Bioeier. Aber die Vorteile der artgerechten Haltung sind am Steveshof eben auch sichtbar und spürbar: Gesunde Tiere, eine größere Nähe zur Natur, nachhaltigen Umgang mit Böden.
Respekt vor den Tieren
Und was hat das alles mit Religionsunterricht zu tun? Der Blick auf die Schöpfung bekommt an so einem Exkursionsort im wahrsten Sinne des Wortes Fleisch und Blut. Respekt vor Tieren, die Fähigkeit, zu genießen, zu danken für unsere Lebensmittel, auch mal auf „zu viel“ zu verzichten. In allen Dingen die Spuren Gottes zu sehen, über Tierethik nachzudenken und eine Brücke zu schlagen zur Enzyklika „Laudato si!‘“ von Papst Franziskus (oder auch zu Franz von Assisi, der den Tieren predigte) und Kinder abzuholen, die gerne über ihre Erfahrungen mit Tieren sprechen. Mit den Großen kann man ethische Fragen diskutieren, die Frage nach Konsumentenverhalten und gewünschter Lebensgestaltung in einer bedrohten Schöpfung.
Eine lohnenswerte Exkursion, mit dem Relikurs zum Biobauern zu gehen, auch in Ihrer Nähe!
Kirsten Joswowitz
(Beauftragte des KI für Religionspädagogik in den Regionen Kempen-Viersen und Krefeld)