„Hockender Engel“ von Herbert Falken

Denkwürdig

(c) KI Aachen
Datum:
Fr. 8. Dez. 2023
Von:
Maria Cremers

Im Katechetischen Institut begleiten großformatige Bilder von Herbert Falken die Besucher*innen durch das Haus. Manche fallen unübersehbar direkt ins Auge, wie das Kreuz mit Flügelrad, andere sind weniger sichtbar, wie der „Hockende Engel“ an einer Seitenwand im Treppenhaus, oft über sehen, geht man schnell an ihm vorüber.
Bleiben Sie mit mir einen Augenblick vor diesem Engel stehen.

(c) KI Aachen

Das hockt er, großformatig, schwarz-weiß, etwas Grau dazwischen. Aus dem schwarzen Farbfeld oben ist ein Flügel grau-weiß angedeutet. Der Rest rankt sich - in zitternder Linie – in den unteren Teil des weißen Papiers.

Ein ungewöhnliches Motiv: Sonst verstellen Engel mit flammendem Schwert den Weg wie der Erzengel Michael oder der warnende Engel bei Bileam, dem Gottesmann aus dem Buch Numeri oder sie begleiten als hilfreiche Reisegefährten einen Menschen auf seinem gefährlichen Weg wie Rafael den Tobias oder konfrontieren Menschen mit großen Aufgaben wie der Engel Gabriel Maria oder Zacharias.

Dieser Engel strahlt nicht Kraft oder Jubel oder eine Botschaft aus. Er ist ganz in sich zurückgezogen.

Ein „typisches“ Falkenbild, so wie die anderen Bildmotive von Kreuz, Tod und Qual gemalt in schwarz, weiß, grau, mit wenig Farbe. Bilder, die verstören, die nicht schön sind, keine Wohnzimmerbilder. Viele mögen sie nicht. Ich mag sie auch nicht, aber sie beschäftigen mich.

Ich wollte wissen, was Falken zu dieser Art der Malerei gebracht hat.

Er beschreibt in einem aufschlussreichen Interview anlässlich der Schenkung zahlreicher Bilder an das Diözesanmuseum Kolumba in Köln seinen Werdegang als Maler: „Ich habe immer gegen das Hübsche angemalt.“ [1]
Zeitweise malt und zeichnet der Rechtshänder seine Bilder mit der linken Hand, um nicht zu schön, zu stimmig zu werden. Die linke Hand bringe etwas von einem unbeholfenen Kind in ihn, das ihn selbst irritiere, aber auch neue Ideen erzeuge.
Die Irritation ist gewollt und vermeidet jedes Klischee! Herbert Falken will nicht, dass die Theologie von der Wahrheit zur Richtigkeit „verkommt“ und die Kunst zur „Erbauung“ wird. Alle Kunst tue weh. „Ich bin Theologe genug, um zu wissen, dass das Gute und Wahre zugleich auch das Schöne ist. Also muss das Schöne, wenn es denn wirklich nicht nur hübsch ist, ja auch etwas von Gott in sich haben.“ [2]

Aber zurück zum Engel: Da hockt er, nicht verborgen, aber etwas abseits. Nicht der Engel geht vorbei (wie in der Nacht vor dem Aufbruch aus Ägypten), ich laufe an ihm vorbei, Tag für Tag. Ein Blick aus den Augenwinkeln: Ein Vorübergang der anderen Art. Ein Engel, nicht dramatisch, nicht hübsch, nicht hässlich, ein Begleiter.

Kommen Sie vorbei, sehen Sie ihn an und gehen an ihm vorüber.

 

In Gedenken an Herbert Falken, gestorben am 31.10.2023

 

Maria Cremers

 

 

[1] Kolumba – Werkhefte, Heft 1 – Herbert Falken. Arbeiten der 70er und 80er Jahre, 1996, S.40
[2] ebd, S.47