Lesung mit Michael Kumpfmüller in der Bergkirche Kornelimünster.
Vom 10. bis zum 17. September findet in Kornelimünster der zweite Teil der Heiligtumsfahrt (in Verbindung mit der Kornelioktav) statt und zieht wieder etliche Menschen in den kleinen Ort an der Inde. Wie die Aachener Heiligtumsfahrt steht die Heiligtumsfahrt unter dem biblischen Leitwort „Für wen haltet ihr mich?“ Eine Frage nur für gläubige Menschen? Oder gar nur für Theologen?
Nein, diese Frage spielt auch in Michael Kumpfmüllers neuestem Roman „Mischa und der Meister“ eine Rolle – und zwar weder unter einer konfessionellen noch unter einer kirchlichen Perspektive. Michael Kumpfmüller interessiert sich dafür, wie Jesus heute auf uns wirken würde, was er sagen und tun oder gerade nicht sagen und tun würde. Wie aber davon erzählen? Sein Roman, der etliche intertextuelle Anspielungen auf Michail Bulgakows „Der Meister und Margarita“ enthält, spielt im Berlin des 21. Jahrhunderts und schildert ein phantastisches Geschehen. Die Slavistik-Studentin Anastasia, mit der Titelfigur Mischa befreundet, ruft eines Abends zu Jesus und bittet ihn, sie einmal zu besuchen – und er kommt tatsächlich und lernt an Mischas Seite Berlin kennen. Damit nicht genug: Er wendet sich (kaum überraschend) bedürftigen Menschen zu, aber auf ganz andere Weise, als zu erwarten wäre, löst eine Liebesepidemie aus - und landet alsbald im Irrenhaus.
Bizzar, vergnüglich, aber auch anregend
Was Kumpfmüller in seinem Roman erzählt, ist nicht nur höchst bizarr und vergnüglich, sondern auch höchst anregend – so sehr, dass die Teilnehmer*innen an seiner Lesung in der Bergkirche voll auf ihre Kosten kamen. Michael Kumpfmüller las den Beginn des Romans bis zu Anastasias Bitte, die Verkündigung der Ankunft Jeschuas durch einen merkwürdigen, zugleich irdischen und überirdischen Engel, der an einen Dostojewskischen Säufer erinnert (ein weiterer Bezugspunkt des Romans), Jeschuas Auftauchen, seine erste ‚heilsame‘ Tat und ihre Auswirkungen auf einen Literaturkritiker. Kumpfmüller gelang es, sein Publikum bestens zu unterhalten und gleichzeitig zum Nachdenken zu bringen, nicht zuletzt, weil er ein begnadeter Vorleser ist (wie wenige Schriftsteller), der seine Figuren beim Lesen geradezu zum Leben erweckt.
Fragestunde mit dem Autor
Nach der Lesung stellte sich Michael Kumpfmüller den Fragen des Publikums und wusste auch hier mitreißend zu erzählen. Überraschenderweise zeigte sich dabei, dass sein Roman sogar einen Bezug zu Kornelimünster hat. Denn als Michael Kumpfmüller hier vor einigen Jahren im Kunsthaus gelesen hatte, hatte er sich, wie er sich erinnerte, am nächsten Tag mit einer Bekannten zum Frühstück verabredet. Bei dieser Gelegenheit habe er ihr von seinem neuesten Projekt erzählt. Die Bekannte habe ihn darin bestärkt, die Idee weiter zu verfolgen, indem sie sagte: „Also ich würde mich freuen, wenn er käme.“ Der Rest ist Geschichte – im doppelten Sinn des Wortes.
Sehr angetan von der Lesung zeigte sich auch Propst Dr. Andreas Möhlig, der als Leiter der Propstei Kornelimünster die Lesung gemeinsam mit KI-Leiter Dr. Alexander Schüller veranstaltete. Zum Abschied überreichte er Michael Kumpfmüller ein Buch über Kornelimünster, was den Autor sichtlich freute. Doch Schluss war damit noch lange nicht. Die Teilnehmer*innen hatten die Gelegenheit, sich am eigens zusammengestellten Büchertisch mit Romanen Michael Kumpfmüllers einzudecken (was sie ausgiebig taten), sie signieren zu lassen und dabei nochmals mit dem Autor ins Gespräch zu kommen. Ein schöner Abend, fasste eine der Teilnehmer*innen zusammen, und wie Alexander Schüller in seiner Abmoderation feststellte, ein wunderbares Praeludium für die Heiligtumsfahrt Kornelimünster. Ein herzlicher Dank gilt der Pfarrei St. Kornelius für die Bereitschaft, die Lesung in Kooperation mit dem KI zu veranstalten, und der Buchhandlung Backhaus für die Zusammenstellung des Büchertisches. Michael Kumpfmüller hat schon signalisiert, dass er mit seinem nächsten Roman gerne wieder nach Aachen käme.