Schnipselgestrüpp

Sehenswert

(c) Bajazzo
Datum:
Di. 27. Mai 2025
Von:
Alexander Schüller

Julia Friese (Zeichnungen), Christian Duda (Text): Schnipselgestrüpp. Zürich: Bajazzo-Verlag 2010, ISBN 978-3905871166, [ab 5-7 Jahren].

Das Buch ist im Moment nur antiquarisch zu bekommen. In der Religionspädagogischen Medienstelle des Katechetischen Instituts, Eupener Str. 132, ist es unter der Signatur 82.053.2 Duda aber entleihbar.


Playstation, Lego, interaktive Plüschtiere, Horses of Waterfall, Disney-Sammelkarten oder Anime-Merchandise. Die Kinderzimmer sind voll von Spielzeug, das sich bei Mädchen und Jungen mal längerer und mal kürzerer Beliebtheit erfreut.

Was aber ist mit Kindern, die über all das nicht verfügen, da ihre Eltern ihnen kein Spielzeug kaufen können? Julia Friese und Christian Duda, die mit ihrem ersten gemeinsamen Buch „Alle seine Entlein“ u.a. für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert waren, widmen ihr Bilderbuch „Schnipselgestrüpp“ genau dieser Frage – einer schwierigen, sozial- und bildungspolitisch höchst relevanten Frage, über die in der Öffentlichkeit allzu gerne geschwiegen wird. Friese und Duda aber wagen es, über das Thema zu schreiben, es sogar zu illustrieren -- auf eine wunderbar sensible Weise, bei der Form und Inhalt kongenial aufeinander abgestimmt sind. Es treten auf: Mutter, Vater und ein Junge. Sie bleiben ohne Namen, sodass einerseits Namensklischees vermieden werden und andererseits die Verallgemeinerbarkeit der Geschichte deutlich wird. Was aber geschieht? Nun, nicht viel – und doch so viel. Während sich die Eltern von der „Glotze“ berieseln lassen, weil sie nichts anderes haben als den Fernseher, sitzt der Junge in seinem Zimmer und starrt auf die Zeitungen, mit denen der Boden statt eines Teppichs bedeckt ist. Doch diese Zeitungen sind für ihn mehr als ein Bodenbelag. Der Junge liebt sie, schneidet Bilder und Artikel aus, lässt sich von ihnen eine andere, spannende Welt eröffnen – als wäre er im Kino oder im Theater. Immer mehr wird seine Phantasie von den Zeitungen angeregt, sodass er sich sogar in eine Gottesanbeterin verwandelt glaubt – ein großartiges Spiel. Freilich: Werden die Eltern dafür Verständnis haben?

Die reduzierten Zeichnungen – Kohlestift, klug kombiniert mit Aquarellfarben -- werden immer wieder durch Zeitungsschnipsel ergänzt, sodass ein Buch aus Collagen entsteht, das die Vorstellungskraft ebenso sehr anregt wie die Schnipsel den Jungen. Es braucht eben nicht immer grelles Flimmern oder opulente Zeichnungen, um sich in ein Geschehen verwickeln, geradezu selbst verwandeln und – welche Überraschung bei diesem Thema – erfreuen zu lassen.

Alexander Schüller