Klaus im Schrank

Lesenswert

03 lesenswert_KlausimSchrank (c) Atrium Verlag
03 lesenswert_KlausimSchrank
Datum:
Di. 10. Dez. 2024
Von:
Alexander Schüller

Erich Kästner: Klaus im Schrank oder das verkehrte Weihnachtsfest. Mit einem Vorwort von Juliane Lachenmayer. Zürich: Atrium-Verlag 2024, 127 S., 12,00 €; ISBN 978-3-85535-189-3.


Das Buch ist im Belletristik-Regal der Religionspädagogischen Medienstelle einsehbar.

 

Klaus und seine Schwester Kläre sind beneidenswerte Kinder. Ihr Vater, ein Bankdirektor, kann ihnen alles kaufen, was sie wollen. In ihrem extra großen, geradezu luxuriösen Zimmer haben sie ein Telefon, ein Turngerät, einen Riesenschrank und sogar einen Radiolautsprecher: Nur eines fehlt den Kindern zu ihrem Glück: die Eltern. Sie sind niemals da, verbringen die ganze Zeit in der Bank, im Theater, bei Modenschauen. Klaus und Kläre sind trotz allen Reichtums insofern bedauernswerte Kinder.

 

Klaus genießt es sogar, dass ihm seine Mutter eine Ohrfeige gibt, weil sie damit wenigstens ein Interesse an ihm verrät. Die beiden Kinder sehen dem bevorstehenden Weihnachtsfest deshalb alles andere als freudig entgegen. Dieselben Routinen, dieselben Geschenke, und zu allem Überfluss führen die Eltern am liebsten in den Wintersport. Plötzlich aber erklingt aus dem Radiolautsprecher in ihrem Zimmer eine geheimnisvolle Stimme, die die Kinder auffordert, sofort in den Schrank zu gehen und durch einen Durchgang hindurch eine märchenhafte Filmwelt zu betreten. Was in dieser Welt Mysteriöses geschieht und warum die Kinder dort auch Charlie Chaplin begegnen – davon handelt Erich Kästners erstes Stück für Kinder, ein „modernes Weihnachtsmärchen in sieben Bildern“.
Entstanden ist es 1927, uraufgeführt wurde es erst 2013 und ist nun zum ersten Mal in Buchform erhältlich. In ihrem pointierten Vorwort informiert Juliane Lachenmeayer über die Umstände der Entstehung und erläutert, warum Kästner das Stück bald in die Schublade legte. Das lag keinesfalls an seiner Qualität: „Klaus im Schrank“ ist ein vergnügliches Stück für alle Generationen“, in dem Kästner bereits Partei für die Kinder gegen die Eltern ergreift – wie in seinen späteren, heute berühmten Texten. Obschon dem Stück noch kleine dramaturgische Schwächen anhaften, ist es doch ein echter Kästner, lebendig, kurzweilig, kess – und somit ein wunderbares Weihnachtsgeschenk.

Alexander Schüller