Wie kann man prägnant und gehaltvoll von Gott sprechen und das Interesse unterschiedlicher Adressaten wecken? Unter dieser Perspektive zeichnet Höhn in drei Schritten den Weg von einer akademischen zu einer poetischen Rede von, über und zu Gott nach.
Hans Joachim Höhn: In Gottes Ohr. Von der Kunst poetischer Gottesrede. Freiburg. Basel. Wien: Herder Verlag. 2022. 176 Seiten. ISBN 978– 3–451–3– 94034. 22 Euro.
Das Buch ist in der Diözesanbibliothek unter der Signatur 71 665 ausleihbar.
Defizite theologischer Rede von Gott benennt der Autor im ersten Kapitel sachlich, differenziert und unmissverständlich. Ursache für das Kommunikationsversagen ist neben der veralteten Metaphysik vor allem die pastorale Kernbotschaft: Sanfte Apologeten beschwören den harmlosen, lieben Gott, der den Einzelnen bloß bestätigt. Solches Reden steht im Kontrast zur Alltagserfahrung und richtet bei den Adressaten nichts aus. Sie fühlen sich sogar von dieser aufgedrängten Liebe bedrängt, gestalkt. Solche religiöse Lärmbelästigung kann zu einem Hörsturz führen.
Einen Ausweg aus dieser Aporie können literarisch und theologisch Interessierte in der Dichtung zeitgenössischer Schriftsteller finden. Wie die Religion tragen Schriftsteller existentiellen Fragen Rechnung. Ihr Bemühen, diese auch in einer Sprache auszudrücken, die das Dissonante nicht unterschlägt, ermöglicht es, Gegenmittel zum religiösen Sprachverlust kennenzulernen und Hilfe zum religionskritischen Spracherwerb zu bekommen. Die angeführten Beispiele aus der Lyrik unterschiedlicher zeitgenössischer Autorinnen und Autoren kennzeichnet Höhn treffend als Seismografen. Ihre Feinfühligkeit zeigt zugleich sprachliche Sensibilität, sodass sich geglückte theologische Sprechversuche erkennen lassen. Diese können Verkündigungsbeauftragte zu poetischer Sprache ermutigen. Nicht betretenes oder verschämtes Verstummen, sondern ein kluges beredtes Schweigen, das ohne Worte viel sagt, könnte sich hier ergeben.
Die folgenden beiden Kapitel veranschaulichen, wie eine theopoetische Sprache gehen kann. Der Autor bietet vielfältige unterschiedliche Beispiele, meist aus der Feder moderner Lyriker. Diese vermögen die Frohe Botschaft in alter Frische bewegend zur Sprache zu bringen.
Wem angesichts solcher Vorbilder eigene Schreibversuche misslingen, hilft Höhns beeindruckender, von der Negativen Theologie inspirierter Rat, die Glaubenssprache von Bildnissen und Formeln zu entleeren. In solchen leeren Glauben kann Gottes Geist einströmen.
Das aphoristische dritte Kapitel führt eine andere Verdichtung religiöser Rede eindrucksvoll vor Augen: Originelle Sprachspiele sowie prägnante Merksätze betreffen Gott und den Glauben als Komparativ sowie das moralische Tun und Lassen. Schließlich führen einprägsame Aphorismen kreuz und quer durch die vielschichtige aktuelle kirchliche Wirklichkeit. Mit humorvollen Impulsen, die Theologie aufzuklären und aufzuheitern endet dieser Abschnitt.
Im vierten Kapitel seines Buches variiert der Autor verschiedene Facetten des Aufhörens. Als Abschiedsvorlesung unter dem Maßstab „kurz und gut“ kennzeichnet Höhn das Aufhören auch als hoffnungsvolles Abdanken. Allerdings wird angezweifelt, was zugleich erhofft wird: Auf das Ende möge etwas folgen. Das ist ein frommer Wunsch – in Gottes Ohr.
Höhn gelingt eine unmissverständliche, ansprechende, unterhaltsame Darstellung. „In Gottes Ohr“ beinhaltet einen wichtigen Beitrag zu Möglichkeiten, von Gott zu sprechen und sich mit unterschiedlichen Adressaten darüber auszutauschen.
Nicht zuletzt wird man zu eigenen Schreibversuchen ermutigt. So lassen sich Anstöße bekommen und umsetzen, die Frohe Botschaft von der unaufdringlichen Beziehung Gottes zum einzelnen Menschen weiterzugeben.
Heribert Körlings, Herzogenrath
Safe the date!
Hans-Joachim Höhn wird seinen Ansatz am 7. November 2023, 18.00-19.00 Uhr im KI vorstellen und diskutieren. Moderiert wird die Veranstaltung von Prof. Dr. Guido Meyer, Religionspädagoge an der RWTH Aachen. Dazu dürfen wir Sie bereits jetzt sehr herzlich einladen.