In Gottes Hand

(c) Herder
Datum:
Di. 2. Sept. 2025
Von:
Heribert Körlings

Ulrich Lüke: In Gottes Hand. Glaube in Krankheit und Leid – Erfahrungen eines Krankenhauspfarrers. Freiburg: Herder Verlag 2025, 240 S., 24,00 €;  ISBN 978-3-451-39621-2

Das Buch ist in der Diözesanbibliothek unter der Signatur 74 402 entleihbar.


Der Buchtitel, eine Beziehungsmetapher, veranschaulicht den Glauben und die Hoffnung des Autors bei seinem unaufdringlichen wahrnehmungs- hör- und auskunftsbereiten Dienst als katholischer Seelsorger. Die neun unterschiedlich langen erfahrungsorientierten Kapitel knüpfen jeweils an den Wünschen der Patienten und ihrer Angehörigen in zum Teil zugespitzten Situationen während der mittlerweile achtjährigen Tätigkeit des emeritierten Theologieprofessors als Pfarrer im St. Franziskus Hospital in Münster an.

In der kurzen Einleitung gibt der Autor einen Überblick über die Themen der unterschiedlichen Texte. Im zweiten Kapitel geht es um das Beten, die Eucharistie, die Krankensalbung und das Sakrament der Versöhnung. Diese geistlichen Quellen enthalten Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Sie helfen dabei, Krankheit und Leid neu in den Blick zu bekommen und zu deuten: In den Nöten des Leibes und der Seele kommt Christus buchstäblich hautnah. 

Mit dem Sterben im Krankenhaus und der Hoffnung auf den treuen Gott, den Liebhaber des Lebens über den Tod hinaus, beschäftigt sich das dritte Kapitel. Hier stellen sich Fragen über Fragen. Das multiperspektivische Nachdenken über den Glauben an die Auferstehung erweitert den Horizont.

Ist die Hoffnung plausibel?
Im Folgenden spitzt sich das Gespräch mit dem Glauben der Ungläubigen mit Bezug auf verschiedene Mythen und Aspekte der Philosophie Platons auf die Frage zu, ob und wie die Hoffnung plausibel ist und sich bewahrheiten kann. Vielleicht kann der Glaube an den rettenden Gott aus den Quellen der Religionen mit dem von ihnen gemeinsam gestützten Weltethos neue humane Möglichkeiten zeigen. 

Die heilsame Bedeutung der Beziehung veranschaulicht Lüke anhand unterschiedlicher Situationen auch während der Coronapandemie im fünften Kapitel. 

Ethische Fragen zur Selbstbestimmung und zum Lebensschutz am Lebensende, assistierter Suizid, und am Lebensanfang, Abtreibung, thematisiert das sechste Kapitel. Aus christlicher Überzeugung lehnt der Autor beides ab. 

Engel lassen Gott in der Welt wirksam werden
Unterschiedliche Engelfiguren auf den Nachttischen mancher Patientinnen und Patienten sind Ausdruck ihres privaten, von Dogmen gelösten Religionskosmos. Schutzengel drücken aus, dass jeder von Gott geliebt, geschützt, geleitet wird. Als Boten Gottes lassen Engel Gott in der Welt wirksam werden. Auch Menschen können Boten Gottes sein, durch die Gottes Menschenfreundlichkeit andere erreicht. Diese Hoffnung artikuliert auch der Glaube an Engel. Davon erzählt das siebte Kapitel.

Im achten Kapitel geht es mit dem anschaulich formulierten Gegensatz Gehen oder Bleiben um die Zugehörigkeit zur christlichen Kirche, deren Stellungnahme im Licht des Glaubens nicht nur im Krankenhaus gefordert ist und notwendig bleibt. Die christlichen Kirchen stehen zwar aufgrund des Missbrauchsskandals unter moralischem Druck. Aber sie sind trotzdem in ethischen Fragen dazu aufgerufen, klar und begründet Position zu beziehen. Gegen den verbreiteten Unschuldswahn steht der Glaube an Jesus, das Lamm Gottes, der die fremde Schuld auf sich nimmt. Das kann Frieden von Gott zum Menschen und zwischen ihnen ermöglichen, eine tragfähige Brücke von der Erde zum Himmel.

Krankheit und Zeit
Im Schlusskapitel geht es um Krankheit und Zeit. Krank zu sein ist keine Strafe. Man kann daraus lernen, anders mit der Zeit umzugehen. Diese kann gegen den bloßen Leerlauf des Chronos zum Kairos werden, erfüllte Zeit für sich selbst, Mitmenschen und Gott. Das Buch endet mit der Ermutigung, der gegebenen Zeit die unverwechselbare eigene Handschrift zu geben. Der christliche Glaube an die Auferstehung ist inspiriert und motiviert von der Hoffnung, dass mein Leben von Gott in dreifacher Hinsicht aufgehoben wird: beendet, bewahrt, hinaufgehoben. Die Auferstehungshoffnung muss dabei leidsensibel und gerechtigkeitsorientiert bleiben. In der Predigt während der Exequien für seinen Lehrer J. B. Metz fordert und schärft Ulrich Lüke das noch einmal ein.

Das geistliche Lese- und Lebensbuch erweitert den Horizont. Die lehrreiche Darstellung ergänzt und vertieft vorhandene Kenntnisse der Sakramententheologie und der Eschatologie. Auch durch die verschiedenen sinnvoll eingestreuten kurzen Texte, Gebete und Gedichte enthält es eine Fülle von Anregungen zur persönlichen Betrachtung. Man kann die in sich abgeschlossenen Kapitel, in denen mitten in einer komplexen Darstellung auflockernde Wortspiele, aphoristische Wendungen und Witze nicht fehlen nach eigenem Interesse in selbst gewählter Reihenfolge lesen.

Ulrich Lüke stellt wesentliche Inhalte des christlichen Glaubens im Gespräch mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen engagiert und verständlich dar. Dadurch stärkt er die Hoffnung auf die menschlichste aller Gaben Gottes: zu sterben mit Lebensfolge, aus allem Tod aufzuerstehen, mit Leib und Seele in Gottes Hand.

Heribert Körlings